Erstlingszüchter- Ein Interview

Ulrike und Uwe Görlas mit ihren Golden Retrievern

Überall in den Social Networks sind niedliche Welpenbilder zu sehen. Wir haben uns gefragt, was alles beachtet werden muss wenn ma mit seinem Hund züchten will.

Ulrike und Uwe Görlas züchten mit ihrem bei der F.C.I. eingetragenen Zwinger „Back to the Roots“(http://www.back-to-the-roots-goldens.de/) bereits seit 1998 erfolgreich Golden Retriever und hatten vorher schon durch ihren Deckrüden Kontakte zur Zucht. Zur Zeit leben vier Golden Retriever Damen mit den beiden unter einem Dach.

Die Hündin Greta steht kurz davor, ihre Welpen zur Welt zu bringen, so dass ich mir auch ein Bild davon machen konnte, was ein Haushalt, der bald Welpen erwartet, alles mit sich bringen muss.

Hallo Ulrike, hallo Uwe, erst mal herzlichen Dank, dass ihr euch die Zeit nehmt, mir ein paar Fragen zu beantworten.

Direkt mal vorweg: Kann ich mit jedem Hund züchten und welche grundsätzlichen Eigenschaften sollte ein Hund mit sich bringen?

Nein, man kann nicht mit jedem Hund züchten, zumindest nicht mit Papieren! Unabhängig von den offiziellen Zuchtvoraussetzungen des VDH und der einzelnen Rassehundevereine gilt natürlich der Grundsatz: Je gesünder der Hund, desto Interessanter ist er auch für die Zucht. Das heißt, dass schwerwiegende erbliche Belastungen und Belastungen des Knochen- und Gelenkapparates nicht vorhanden sein dürfen. Weiter muss der Hund natürlich wesensfest sein. Wesenseigenschaften wie Alltagstauglichkeit und ein vernünftiges Sozialverhalten sind ebenso eine Voraussetzung wie bei den Arbeitshunderassen (z.B. bei unseren Golden) auch Leistungsbereitschaft und eine gewisse Intelligenz.

Ihr habt gerade von den offiziellen Zuchtvoraussetzungen gesprochen; welche Voraussetzungen muss mein Hund erfüllen, damit ich offiziell mit ihm züchten kann bzw. die Zuchtzulassung erhalte?

Für die VDH Zuchtvoraussetzungen müssen sowohl gesundheitliche als auch körperliche Rassestandards erfüllt werden. Dabei ist jedoch zu sagen, dass viele Rassen über eigene Rassehundevereine verfügen, die dem VDH angeschlossen sind. In diesen Vereinen gehen die Zuchtkriterien häufig über die des VDH heraus und die Anforderungen sind meist etwas strenger. Die Standards der einzelnen Rassen variieren häufig. Grundsätzlich kann man aber sagen: Je größer die Population einer Rasse ist desto größer sind in der Regel auch die gesundheitlichen Standards.

Bei den Arbeitshunderassen wie z.B. den meisten Jagdhunderassen gehört auch eine Leistungsprüfung zum Umfang der Zuchtzulassung, um einen gewissen Standard bei der Arbeitsbereitschaft bei den Hunden zu erhalten.

Wer ist denn der zuständige Verband, bei dem ich die Zuchtzulassung ablegen bzw. beantragen muss?

Grundsätzlich sind die Rassehundevereine für die Zuchtzulassung zuständig. Es gibt jedoch Ausnahmen, die über den VDH die Zuchtzulassung ablegen müssen. Dies ist i.d.R. dann der Fall, wenn diese Rassen in Deutschland nicht über einen eigenen Rassehundeverein vertreten sind.

Kommen wir noch mal auf die physischen Voraussetzungen bei den Hunden zurück. Können die notwendigen Untersuchungen von jedem Tierarzt gemacht werden und wie genau läuft dann das offizielle Procedere ab?

I.d.R. gibt es für jede Rasse offizielle Gutachter, die dem VDH benannt sind. Nehmen wir das Beispiel HD-Untersuchung. Da können die Röntgenbilder, die eine entsprechende Qualität aufweisen müssen, von jedem darin erfahrenen Tierarzt gemacht werden, aber der Gutachter alleine wertet die Bilder dann aus und das Ergebnis wird dann in die Papiere eingetragen.

Bei unseren Retrievern z.B. gibt es dann für die ED-Untersuchung wieder einen zweiten Gutachter. Bei vielen Rassen gehören auch die Augenuntersuchungen auf bestimmte vererbbare Augenkrankheiten zur Zuchtzulassung dazu. Diese werden von speziell zugelassenen Augenärzten durchgeführt.

Welche Untersuchungen für welche Rasse notwendig sind erfährt man bei den einzelnen Vereinen.

Wenn der Hund dann die Zuchtzulassung hat und ich habe für meine Hündin einen Rüden gefunden, der mir gefällt, worauf ist bei der Auswahl des Deckrüden zu achten?

Nun, als allererstes sollten beide Hunde natürlich die Zuchtzulassung haben. Weiter sollte ich als Züchter ein Zuchtziel haben. Dass heißt, dass ich die Stärken und Schwächen meines Hundes ganz genau und ehrlich kennen muss, um dann zu wissen welche Eigenschaften ich verändern und welche ich dringend erhalten will. Dazu muss ich auch um die Ahnentafel (Vorfahren) meines Hundes und des potentiellen Deckpartners wissen, da manche Anlagen auch schon mal eine Generation überspringen.

Die Hunde sollten sowohl im äußeren Erscheinungsbild als auch in ihren Wesens- und Arbeitseigenschaften zusammen passen bzw. sich ergänzen. Es macht zum Beispiel wenig Sinn, wenn ich eine zierliche kleine Hündin mit zierlichen Vorfahren habe und die auch noch mit einem ebenso zierlichen, kleinen Rüden verpaare.

Als Züchter muss ich wissen, welche Anlagen ich verbessern, erhalten oder minimieren will und danach muss ich den Deckpartner aussuchen, wobei man sich immer auf ein oder zwei Kriterien beschränken sollte.

Im Gegensatz zum reinen Vermehren bedeutet eben Zucht für uns, an der Verbesserung der Rasse zu arbeiten, und man hat dann Erfolg, wenn in dem Wurf zumindest eine Hündin besser ist als die Mutter und ein Rüde besser ist als der Vater.

Es gibt übrigens für viele Rassen mittlerweile so genannte Zuchtwertschätzungen, wo mit Hilfe von EDV Programmen die Wahrscheinlichkeit von Vererbungsfaktoren (Zuchtwert) berechnet werden können. Dabei gilt: Je niedriger dieser Zuchtwert desto besser.

Puh, ich merke gerade, dass das eine Wissenschaft für sich ist und natürlich stellt sich die Frage auch umgekehrt: Worauf ist bei der Hündin zu achten wenn mein Hund als Deckrüde angefragt wird? Gibt es da Unterschiede?

Nein, auch hier sollte auf die obengenannten Kriterien im selben Maße eingegangen werden, auch mit der Konsequenz, vielleicht die eine oder andere Deckanfrage abzulehnen, wenn man nicht davon überzeugt ist.

Der Deckrüdenbesitzer trägt in gleichem Umfang Verantwortung für die geplante Verpaarung wie der Hündinnenbesitzer und ist genauso verantwortlich für die Welpen, die aus dieser Verpaarung entstehen.

Gibt es Untersuchungen bei Rüde und Hündin, die sinnvoll sind, auch wenn sie nicht zwingend vorgeschrieben sind?

Ja, es ist z. B. sinnvoll, zu Beginn der Läufigkeit bei der Hündin einen Abstrich zu machen und auf Keimbelastung untersuchen zu lassen. Gerade bei Hunden, die auch gern ins Wasser gehen, ist das nötig. Die Untersuchung ist aber auch vorteilhaft bei allen anderen Hündinnen, da ich dann ggf. direkt und frühzeitig behandelnd gegen Keime eingreifen kann.

Bei manchen älteren Rüden, die schon länger nicht mehr im Deckeinsatz waren, kann es vorteilhaft sein, vor dem Deckakt die Spermaqualität untersuchen zu lassen. Dies ist meines Erachtens jedoch nicht unbedingt notwendig.

Wie genau erfahre ich, wann der richtige Zeitpunkt für den Deckakt ist bzw. die Hündin fruchtbar ist?

Ab ungefähr dem 7. Tag der Läufigkeit wird der Progesteronspiegel der Hündin alle 2 Tage gemessen. Dabei handelt es sich um eine Blutuntersuchung durch den Tierarzt, die anzeigt, wann die Hündin fruchtbar ist bzw. ob der Eisprung kurz bevorsteht.

Was ist beim Deckakt selber zu beachten, wie habe ich mich als Hundehalter am besten zu Verhalten?

I.d.R. fährt man ja mit der Hündin zum Rüden. Der Hündinnenbesitzer ist dafür verantwortlich, dass die Hündin zum richtigen Zeitpunkt kommt. Der Deckrüdenbesitzer ist zuständig dafür, dass er und sein Rüde das Handwerk verstehen oder dass ein erfahrener Helfer vor Ort ist. Nicht immer läuft alles so, wie man es erwartet.

Wir persönlich sind der Meinung, die Hunde sollten sich helfen lassen. Beim „Natursprung“ besteht beim Hängen für Rüde und Hündin ein durchaus ernstzunehmendes Verletzungsrisiko, so dass wir möchten, das sich die Hunde in dieser Zeit auch halten lassen, auch wenn wir wissen, dass der ein oder andere das anders sieht.

Was ist während der Trächtigkeit zu berücksichtigen?

Grundsätzlich ist natürlich eine gute Ernährung der Hündin zwingend. Wir selber sind der Meinung, die Hündinnen müssen nicht in Watte gepackt werden, aber eine gewisse Vorsicht ist gerade in den ersten 3 Wochen durchaus geboten. So lassen wir zum Beispiel die trächtige Hündin nicht mehr schwimmen und auch die jagdliche Arbeit ist für diese Zeit passée. Auch der Kontakt zu fremden Hunden findet in dieser Zeit nicht bzw. nur eingeschränkt statt. Jede Form der medizinischen Behandlung mit Medikamenten ist während der Trächtigkeit nicht oder nur stark eingegrenzt möglich. Man sollte sich einfach vor Augen führen, dass der bis dahin betriebene Aufwand sehr groß ist und man die Welpen ja unbedingt gesund bekommen möchte.

Welche Kriterien sollte der Tierarzt erfüllen, der die Hündin und den Hundehalter während der Trächtigkeit betreut?

Der Tierarzt sollte die notwendige Erfahrung auf diesem Gebiet mitbringen und auch im Notfall Tag und Nacht zur Verfügung stehen (eine gut ausgerüstete Klinik mit Notfallteam ist immer empfehlenswert). Wichtig ist, alles konkret mit dem ausgewählten Tierarzt zu besprechen, damit er selber informiert ist und danach auch planen kann. Es ist unabdingbar, im Notfall schnell handeln zu können.

Welche Vorbereitungen sind zu treffen bevor die Welpen zu Welt kommen?

Wichtig ist, dass die Wurfkiste früh genug zur Gewöhnung aufgebaut wird und diese auch Abstandshalter enthält, damit die Welpen nicht durch die Hündin gequetscht werden. Weiter sollte der Raum gut beheizbar sein, da die Welpen ihre Körpertemperatur nicht alleine halten können. Ebenso sollten die notwendigen Medikamente und Gerätschaften vorhanden sein. Das jetzt alles einzeln aufzuzählen würde hier den Rahmen sprengen.

Abschließend noch mal Hand aufs Herz; Kann man wirklich damit Geld verdienen?

Kann man, aber es braucht mehrere Würfe, um die Kosten und gerade die umfangreiche Erstausrüstung zu refinanzieren. Allerdings darf man den Zeitaufwand dabei nicht berücksichtigen und es hängt natürlich auch von der Zahl der geworfenen Welpen und der Art und Weise der Aufzucht ab.

Ernsthaft reich werden kann man im Normalfall damit sicher nicht.

Vielen Dank Euch beiden für das tolle, ausführliche und offene Gespräch, die wahnsinnig nette Gastfreundschaft und ich drücke Euch die Daumen, dass Greta ihre Welpen gesund und munter zur Welt bringt und dass alle ein tolles Zuhause bekommen.

Buchempfehlung

Dieter Fleig, Die Technik der Hundezucht

Inge Hansen, Handbuch der Hundezucht